Wie begleite ich mein Kind in die großen Geheimnisse des Lebens

Einführung:
Warum ist spirituelle Erziehung in unserer modernen Zeit so wichtig?

Während der letzten zehn Jahre bekam ich Tausende E-Mails von Eltern aus aller Welt. Viele von ihnen suchten verzweifelt nach Lösungen, wie sie mit ihren Kindern einen anderen und neuen Weg einschlagen könnten.
Das vorliegende Buch bietet jetzt all diesen Suchenden einen einfachen, liebevollen und auch spannenden Weg in eine neue Welt voller Freude, Fülle und gelebter Spiritualität.

Meine Erfahrungen und mein Zusammenleben mit verschiedenen ethnischen Gruppen und Völkern haben mich viel über das Miteinander in größeren  Familienverbänden gelehrt. Sie gaben mir tiefe Einsicht in die Art und Weise, wie diese Menschen mit ihren Kindern umgehen und wie sie die alten Menschen der Gruppe respektieren und ihnen einen geachteten Platz in ihrer Gemeinschaft einräumen.

Am Anfang verstand ich nur „Bahnhof“, war ungeduldig und unglaublich europäisch in meinem Denken und Handeln. Ich konnte ihre Gelassenheit und die Langsamkeit ihres Seins überhaupt nicht verstehen und noch weniger konnte ich sie annehmen. Alles wollte ich ändern, beeinflussen oder verbessern – vielleicht noch ein Relikt des alten europäischen Missionierungsdrangs, der durch meine Adern floss?

Irgendwann wurde ich dann aber mäuschenstill, lauschte stunden- und tagelang geduldig, wenn die Ältesten sprachen. Da ich oftmals wochenlang bei ihnen wohnte, bekam ich die Gelegenheit, das Familienleben Tag und Nacht zu beobachten. Schlussendlich fing ich an zu verstehen und zu lernen und sah was bei ihnen gut funktionierte und was nicht.

Ich habe nie vergessen, was ein alter Freund mir vor 20 Jahren erzählte: „Ein Stammesältester, der in der Gegend von Santa Fe lebt, hatte mich eingeladen, ihn zu besuchen. Als ich dort ankam, war er jedoch nicht da. Auf meine Frage, was ich tun sollte, gab mir ein anderer Ältester die Antwort: ‚Setze dich hin und warte vor seinem Haus auf ihn.‘

Da saß ich 17 Tage lang, ohne mich vom Fleck zu rühren, bis er zurückkam. Ich spürte, dass das meine Pflicht war.“ Es war eine Art Test für ihn gewesen und er hatte ihn glänzend bestanden. 

Mir ist es auch oft so ergangen. Tagelang verstand ich nichts. Alles lief anders, als ich es gewohnt war. Als gute und flotte Organisatorin hätte ich manches  schnell und „easy“ lösen können. Aber das war gar nicht gefragt – und noch weniger erwünscht! Und sicher ist sicher, ehrlich ist ehrlich: Ich hätte dann wohl nie verstanden, was ich jetzt verstehe!! Meine Erfahrungen zeigten mir deutlich, dass wir miteinander neue Wege suchen mussten, voneinander lernen sollten.

Obwohl die Urvölker, wie beispielsweise die Maori in Polynesien, die Maya in Mexiko und Guatemala, die Hawaiianer oder die Indianer in Nordamerika ein  feines Gefühl für spirituelle Erfahrungen und Erlebnisse bewahrt haben, konnte ich aus ihrer Geschichte erfahren, dass sie nicht immer liebevoll mit Mutter Erde, den Mitmenschen oder Tieren umgegangen sind. Manche indigenen (d.h. einheimischen) Gruppen haben sogar ihr eigenes Ökosystem vollkommen zerstört (beispielsweise auf den Osterinseln), sodass ein Überleben kaum möglich war.

Wir im Westen haben im Laufe der Zeit die Verbindung zu den spirituellen Welten, zu den unsichtbaren Ebenen und den Wundern, die sie uns schenken,  abgeschnitten. Dafür versuchen wir seit etwa 60 Jahren, achtsamer mit Mutter Erde, unserer Luft und unseren Ozeanen umzugehen.
Entsprechende Gesetze wurden erlassen und langsam aber sicher auch von der Bevölkerung und Wirtschaft unterstützt, beispielsweise zur Förderung von Bio-Anbau, zur Kontrolle von Autoabgasen und Industrieanlagen oder zum Reinigen von Abwasser.

Bei den verschiedenen indigenen Völkern begegnete ich in allen Altersgruppen vielen Menschen, die tiefe Weisheit, Ruhe und Gelassenheit ausstrahlten. Sie nehmen die Dinge überwiegend so, wie sie nun einmal sind, leben stark im Jetzt und kümmern sich nur um den gegenwärtigen Tag. Was das Überleben betrifft, sorgen sie recht herzlich für alle, die zur Familie oder zum Klan gehören. Bett und Nahrung gibt es immer, egal wie man sich verhält.
Das wird unter allen Umständen geteilt. Auch die kleinen Kinder werden bedingungslos behütet, egal ob von der Mutter, einer Tante, einer Nichte oder irgendeinem anderen Verwandten.

Auch lassen sie die Dinge sich mehr selbst entwickeln, ohne darüber zu viel nachzugrübeln. Meist findet sich die Lösung von selbst – oder das Problem löst sich einfach in Luft auf. So ersparen sie sich viele Komplikationen. Das Leben wird dadurch vielleicht nicht einfacher, aber in der Basis gesünder. (Grübeln macht oft krank!) 

Die indigenen Gruppen lassen sich seit Urzeiten mehr von der weiblichen Kraft führen, sind intuitiv und eng mit der Natur und den Elementen verbunden. Sie akzeptieren Veränderungen und Wechsel als einen natürlichen Bestandteil von Mutter Erde.
In unserer westlichen Welt leben wir mehr aus der männlichen Kraft und betonen daher stark die Wichtigkeit von aktivem Eingreifen, Ändern, Verbessern und vor allem vom Handeln. Egal wie, TUE ETWAS! Leiste etwas! Denke nach!

Wir möchten alles ändern, verbessern, bereden, analysieren und in Schubladen stecken. Und wenn man genau hinschaut und ehrlich ist, wird vieles dadurch nicht besser, sondern nur anders! Das, was sich jetzt gerade auf unserer Erde vollzieht, ist keine einfache Umkehr im Sinne von Rückkehr zum Matriarchat. Vielmehr vollzieht sich – unter Führung der weiblichen Qualitäten – eine Synthese zwischen Yin und Yang, die eine neue Ausformung beider Qualitäten zu etwas Neuem erschafft.

Die Kinder der letzten 20 Jahre zeigen uns mit ihrem Verhalten, dass sie sich des Umschwungs hin zur weiblichen Energie bewusst sind. Sie haben die richtigen Werkzeuge, Potenziale und Fähigkeiten bei ihrer Geburt mitgebracht, und leben uns diese neue Energie vor.
Die Leistungsgesellschaft hat ihre Grenzen erreicht und ausgedient. Sie bietet keine sinnvollen Lösungen und Perspektiven für die Zukunft. Langsam aber sicher wird sie von einer humaneren, ökologisch rücksichtsvolleren und spirituellen Lebensform abgelöst (dank Generationen von Indigos und Kristallkindern!), die mehr auf Nicht-Tun basiert, und aus der Intuition und dem spirituellen Kollektiv ihre Kraft schöpft.

Dieses sogenannte „Nicht-Tun“, das die indigenen Menschen so natürlich beherrschen, wird uns in unserer Kultur während der Jugend drastisch aberzogen – und das, obwohl die Indigos und Kristallkinder uns genau zeigen, dass sie darüber Kenntnis haben. Sie drängen uns ja förmlich dazu, dass wir uns mehr ins Sein begeben. Die Vorteile dieser Daseinsweise scheinen sie ganz genau zu spüren, und die Auswirkungen auf die Entwicklung des Menschen scheinen sie ebenfalls zu kennen. Sie möchten uns aufrütteln, es (wenigstens!) zu versuchen, so zu leben. Leider geben wir ihnen kaum Raum und wenig Gelegenheit, sich im Nicht-Tun zu verankern, da wir selbst Schwierigkeiten damit haben, die Muster unserer Erziehung abzulegen.

Beobachte ich kleine Kinder in Polynesien, sehe ich, wie sie in aller Ruhe alles entdecken dürfen. Der Klan ist meistens in Hörweite (entweder die Großmutter oder eine Tante, manchmal die Mutter oder der Vater), greift aber selten ein. Es muss schon eine arge Prügelei im Gange oder ein bissiger Hund oder ein schnell fahrendes Auto in der Nähe sein.

Ein Nachteil des Aufwachsens in einem großen Familienklan besteht darin, dass die Kinder nicht lernen, sich gut zu konzentrieren. Auch hat das Individuum es schwieriger, sich zu behaupten, da alles auf den Erhalt der Gruppe ausgerichtet ist. Die Kinder (und später die Erwachsenen) leiden häufig an Konzentrationsschwäche, springen von einem Erlebnis oder einer Beschäftigung zur nächsten. Sie sind schnell abgelenkt, halten nicht lange durch und bringen recht wenig zu Ende. Eine Sache durchdenken oder tiefer über etwas nachdenken können sie selten, weil sie das nicht gelernt haben. Ich bin oft total überrascht, dass sie nicht zusammenhängend denken können; das ist für uns schwer vorstellbar!

Wir in den westlichen Ländern beobachten und kontrollieren unsere Kinder andauernd: Tue das nicht, lass das, Finger weg, bah – schmutzig etc. Sie dürfen kaum in ihrer eigenen Welt – sei es in der Fantasie oder real – bleiben und ihren Erfahrungen nachgehen. Dadurch bekommen sie wenig Luft zum Durchatmen. Immer wird kontrolliert und vor allem beobachtet. Erwachsene sind fast immer beobachtend dabei, egal, was die Kinder unternehmen. Sie lenken deren Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die sichtbaren Welten und warnen auch noch dauernd davor.

Mit den unsichtbaren Welten, die für die Kinder sehr real sind, haben die meisten Eltern nicht viel am Hut, denn sie sind ihnen selbst fremd.
Von der Weisheit der indigenen Völker, die Dinge (und die Kinder) mehr in Ruhe zu lassen und ihnen genügend Raum zum Erleben, Erfahren, Erforschen und Erlernen zu geben, könnten wir sehr profitieren. Vom Ursprung her ist der Mensch ein neugieriges, lernwilliges Wesen, das immer bereit ist, Neues auszuprobieren.

Diese angeborene Neugier braucht jedoch eine klare Ausrichtung, um Konzentration, Fokussierung, Intension und Aufmerksamkeit entwickeln zu
können. Dies gilt auch für die Suche nach spiritueller Weisheit und geistigen Einsichten. Es fragt sich also, auf welche Weise wir unsere Kinder begleiten können, damit sie spirituelle Geborgenheit vermittelt bekommen, die sie so dringend brauchen, und gleichzeitig Konzentration, um Aufmerksamkeit und Klarheit im Sein zu entwickeln.

Die Entwicklung von spiritueller Weisheit kann auch helfen, eine Balance zu finden zwischen dem Menschsein als soziales Wesen einerseits und als Individuum andererseits. Der Mensch, der im Gruppenverband aufwächst und lebt, hat die Aufgabe, sich als individuelles Wesen dieser Gruppe unterzuordnen, was negative Folgen haben kann. Es ist dabei nicht wichtig, wie groß (Schule, Arbeitsplatz, Familienklan) oder wie klein die Gruppe ist.

Auf der anderen Seite kann sich zu viel Aufmerksamkeit auf die individuelle Entwicklung des Menschen auch negativ auf die Art und Weise seiner sozialen Verhaltensweisen und Fähigkeiten auswirken, wie beispielsweise die Fähigkeit, Freundschaften zu schließen (und langfristig zu erhalten) oder in einem Team zu arbeiten.
Egoismus und Habgier können somit begünstigt werden: „Ich bin der Nabel der Welt, also ist alles meins und alles muss sich um mich drehen!“ Wird die angeborene spirituelle Weisheit weiterentwickelt und unterstützt, kann sie den Kindern auf  wundervolle Weise helfen, eine gesunde Balance zwischen diesen beiden Polen zu finden. So können sie zu offenen, herzlichen Wesen heranwachsen, die sowohl das Wohl der Gruppe als auch die Bedürfnisse des Einzelnen im Auge behalten.

Leider gibt es hierfür keinen schnell gangbaren Weg, der generell für alle Kinder gültig wäre. Gemeinsam mit ihnen können wir jedoch damit beginnen, diese Weisheit zu suchen und zu entwickeln. Wir sind von unserem Ursprung her alle indigene Menschen und die uralte Weisheit fließt quasi in unserem Blut. Sie ist vielleicht etwas verschüttet, aber nie verloren gegangen. Jede einzelne unserer Zellen ist ein Teil des Ganzen, und die gespeicherte Erinnerung überlebte Tausende von Jahren!

Die innere Resonanz wird durch das Streben und Suchen nach Weisheit aktiviert und das natürliche, angeborene innere Wissen, das seit Urzeiten in unseren Zellen gespeichert ist, kommt dadurch wieder in Fluss. Wird diese freigesetzte Weisheit einmal in das tägliche Leben integriert, kann aus dem Kind ein wirklich glückliches, selbstbewusstes, sich selbst vertrauendes Kind werden. Ein Kind, das mit beiden Beinen auf der Erde steht, gleichzeitig aber auch hervorragend mit
den spirituellen Welten und den Geheimnissen des Lebens verbunden ist.

Da es, wie gesagt, kein Patentrezept für das Glücklichsein oder ein spirituelles Erwachen gibt, müssen wir unser ganz individuelles Rezept selbst „entwerfen“ und das richtige Mischen der Zutaten lernen. Das vorliegende Buch möchte daher keine Antworten geben, sondern eher als Inspiration und Wegweiser dienen eine Orientierung sein, um einen neuen, wundervollen Weg mit den Kindern zu suchen und zu gehen.

Ich wünsche aus ganzem Herzen, dass dieses Buch Ihnen helfen wird, diesen spannenden Weg zu finden. Es wird Sie in ein neues Leben im Einklang mit „Allem was ist“ führen, und es kann ein wundervolles Abenteuer für die ganze Familie werden. Viel Spaß dabei, Glück und gutes Gelingen!

In Liebe
Carolina Hehenkamp

Das 4. Buch in der Serie Kinder der Neuen Zeit